top of page
AutorenbildCora

Willkommen in Guatemala

Gestern noch felsenfest davon überzeugt, so früh wie möglich abzureisen, sind wir uns heute nicht mehr so sicher. Cora hat über Nacht Fieber und Schüttelfrost bekommen und fühlt sich nicht in der Lage, die Reise anzutreten. Wir warten ab, wie sich die Lage entwickelt und entscheiden uns gegen Mittag, trotzdem aufzubrechen. Auf dem Beifahrersitz richten wir Cora ein Krankenlager mit Kissen und Kuscheldecke ein und sie verschläft fast die ganze Fahrt. Nach vier Stunden kommen wir an der Grenze an. Es ist jetzt schon später Nachmittag, deswegen wollen wir sie erst morgen überqueren. Wir parken in einer Seitenstrasse hinter dem Zollbüro und erkunden das mickrige Dorf. Viel mehr ausser des Grenzposten gibt es hier nicht. Das Örtchen scheint nur für den Grenzübergang zu existieren. Die Mehrheit der Anwohner sind Mitarbeiter der Behörden. Dies erfahren wir von drei kleinen Jungs, die neugierig unseren Van inspizieren und mit unserem Volleyball spielen. Wir nutzen den verbleibenden Nachmittag, um uns im Büro über die Ausreise zu informieren. Vor dem Gebäude wartet eine riesige Menge an Tourist*innen. Der Mann hinter dem Schalter erklärt uns, dass das System im Moment lahm liegt, weil sie keinen Strom haben. Als wir fragen, ob sich das bis morgen ändern wird, zuckt er nur mit den Schultern. Also ziehen wir uns in unsere Gorda zurück und beschliessen, morgen ganz früh aufzustehen, falls wir mit Wartezeiten rechnen müssen.



Erstaunlicherweise klappt am nächsten Morgen alles reibungslos. Der Strom ist über Nacht zwar nicht zurückgekehrt, wird aber für unseren Ausreisestempel auch nicht benötigt. Sogar Philip kriegt ihn, obwohl er sein Visa-Dokument in den ersten Tagen in Mexiko nichtsahnend in den Müll geworfen hat, ohne eine Busse bezahlen zu müssen. Auf der guatemaltekischen Seite gibt es Strom und unsere Dokumente scheinen alle perfekt zu passen. Es hat sich also gelohnt, in San Cris auf die Papiere zu warten. Was für eine Erleichterung!


Cora fühlt sich seit heute Morgen besser und übernimmt das Steuer. Die Strassen, die uns von der Grenze zur nächsten grossen Stadt führen, sind extrem bergig und gespickt von Schlaglöchern. Eine Hauptstrasse in diesem Zustand haben wir auch in Mexiko noch nie gesehen. Man spürt, dass man in einem anderen Land ist. Der Müll am Rande der Strasse nimmt ein neues Ausmass an und die Leute fahren noch verrückter. Vor allem vor den alten amerikanischen Schulbussen, die hier für den öffentlichen Transport zuständig sind, muss man sich in Acht nehmen.


Unser Ziel ist der Lago Atitlan, ein See umgeben von drei Vulkanen, die eine atemberaubende Kulisse darstellen. Aber es kommt mal wieder alles anders als gedacht. Bei einer nie endenden Steigung fängt Gorda an, zu überhitzen. Wir stellen uns an den Strassenrand und gönnen ihr eine kleine Pause. Als wir dann aber weiterfahren, hält sie es nicht mehr aus. Wasserdampf steigt aus der Motorhaube auf und wir stehen gestrandet an der Autobahn. Zum Glück sind wir nur wenige Kilometer von einer grossen Autobahnkreuzung mit einer Art Siedlung entfernt. Da wir Gorda nicht alleine lassen wollen, entscheiden wir uns dafür, uns aufzuteilen. Philip hitchhiked ins Dorf, um Hilfe zu holen, während Cora im Auto wartet. Nach nicht ganz einer Stunde wird Gorda von zwei Mechanikern begutachtet. Sie behaupten, es könnte die Wasserpumpe sein, können aber erst in der Werkstatt sichergehen. Nachdem wir unseren Kühlwassertank wieder mit normalem Wasser aufgefüllt haben, rollen wir langsam die Steigung herunter bis zum "Taller", damit dieser morgen mit der Arbeit beginnen kann. Wir kochen Nudeln und machen uns für eine erste Nacht auf dem Hof des Mechanikers bereit. Frust und Enttäuschung plagen uns, so hätten wir uns die Ankunft in Guatemala nicht vorgestellt.




Nach drei Tagen ist das Auto wieder zusammengebaut und mit einer neuen Kühlwasserpumpe ausgestattet. Wir machen eine Proberunde und alles scheint wieder gut zu sein. Losfahren wollen wir jedoch erst morgen, da es schon spät ist. Wir sind froh hier wegzukommen, da die letzten Tage sehr unangenehm waren. Es gibt kein fliessendes Wasser oder Toiletten und in der Nacht wird es so kalt, dass wir alle Klamotten und Handtücher benötigen, um nicht ganz zu erfrieren. Ein Mal pro Tag gehen wir ins einzige "Restaurant" in der Nähe, einem McDonalds. Dort können wir unser Geschäft erledigen und das Wlan benutzen. Ansonsten pieseln wir zwischen die verrosteten Autos auf den Hof des Mechanikers oder ins Maisfeld.




Guter Dinge fahren wir los, nur um auf der gleichen Steigung nochmal stehenzubleiben. Dieses Mal schaffen wir es allerdings einen Kilometer weiter, bis zu einer Tankstelle. Wir wollen direkt die Mechaniker anrufen, die gehen jedoch nicht ran und schreiben auch nicht zurück. Also wiederholen wir das Prozedere, Philip hitchhiked zu einem weiteren Mechaniker. Dieser sagt uns, dass sich vielleicht Wasser im Öl befindet und der Motor darum überhitzt. Ausserdem teilt er uns mit, dass der vorherige Mechaniker uns verarscht hat. Möglicherweise war die Wasserpumpe nie das Problem. Der Preis, den wir bezahlt haben, sei auch viel zu hoch. Um seine Vermutung zu bestätigen, will er den Motor ein wenig öffnen und dort nach Wasser im Öl suchen. Dafür muss er die Zündkerzenkabel ausstecken (dies wird uns später noch zum Verhängnis). Wasser wird keines gefunden, die Ursache fürs Überhitzen aber auch nicht. Für die weitere Diagnose wird es also noch ein wenig dauern. Es ist der 23. Dezember und wir haben absolut keine Lust, Weihnachten hier zu verbringen. Kurzerhand steigen wir in den nächsten Chickenbus (ein alter Schulbus) und fahren Richtung Panajachel am Lago Atitlan. Mit Viktor, dem neuen Taller, bleiben wir telefonisch in Kontakt.



Völlig durcheinander kommen wir  in Panajachel an und setzen uns dort erst mal in ein Restaurant mit wunderschöner Aussicht auf den See. Abends treffen wir uns mit Jorge, der zurzeit auch in der Gegend ist. Er und Semi gehen mittlerweile getrennte Wege, da Semi, wie so viele reisende Hippies, in San Cris hängen geblieben ist. Obwohl alles gerade überhaupt nicht nach Plan läuft, sitzen wir hier und sehen einen der schönsten Sonnenuntergänge, den wir je gesehen haben.


Wir haben es geschafft, gerade noch rechtzeitig, um morgen Weihnachten zu feiern.




28 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Endstation erreicht

Comments


Beitrag: Blog2 Post
bottom of page